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Zum Geleit

Im Festsaal des Münchner Künstler-Hauses steht rechts und links der Wanduhr folgender Reim mit beachtenswerter Sentenz:

Es dreht sich früh und spat
Fortunas Rad.
Wer Glück sucht in der Welt,
Der steigt und fällt.
Wer auf sich selber ruht,
Steht gut. -

Das Auf und Nieder der Sippen und Geschlechter spiegelt sich auch in dieser Kospodaer Ritterguts- und Ortsgeschichte wieder.

Die einen halten lange den Besitz der alten ehemaligen Wasserburg, andere müssen in der Erbfolge weichen, wieder andere veräußern.

Das eine Geschlecht wird von Fortuna liebevoll umhegt, dem anderen zeigt die wandelbare Göttin die kalte Schulter. So dreht sich das Glücksrad auf und ab wie der Zeiger der Uhr.

Der alte Herrensitz – früher mit Stabgerichtsbarkeit ausgestattet, die jahrhundertelang ausgeübt wurde – machte manche Wandlungen in seinem Besitzland, in seiner Machtfülle, in seinem äußeren Gewande durch. Er blieb bestehen, - Besitzer kamen und gingen.

Kraftvoll tatendurstig und arbeitsam die einen, besinnlich oder charakterschwach die anderen.

Diese Eigenschaften, von so vielen Einwirkungen abhängig, gaben den Geschlechtern Auftrieb, einen gleichmäßig fortlaufenden Lebensweg oder Abstieg und Verfall. -

Weltliche und geistliche Lebensherrlichkeit wechselten in der Landschaft und beeinflußten die politische Einstellung der Lehensinhaber. Damals auch, wie jetzt, waren Wirtschaft und Politik innig verflochten.

Auch in der sogenannten "guten, alten Zeit" waren die Leistungen, die dem Besitzer eines Lehen und Rittergutes auferlegt wurden, ganz erhebliche. Mit dem Besitz waren eine große Anzahl von Pflichten verknüpft - erinnert sei nur an die der Kriegsfolge und des Ritterdienstes - aber auch vielfache Rechte, auf die peinlich gehalten und die von der Obrigkeit gestützt wurden, als Wall gegen Wellen, die aus dem Volke emporstiegen und gegen Staats- und Regierungsgewalt brandeten.


Überall die Wechselwirkungen, die sich aus Druck und Gegendruck ergeben. -

Die Zeit eilt! Was hinter uns liegt versinkt in die Vergessenheit, verschwimmt in der Unendlichkeit. Nur wenige Einzelheiten bleiben in der Erinnerung haften, von generation zu Generation überliefert, oft ausgeschmückt oder unklar wiedergegeben.

Auch Archive und Amtsstuben sind der Vernichtung durch Feuer oder der Empörungswut irregeleiteten Volkes ausgesetzt.

In jedem Jahrhundert bröckelt manches ab vom Erinnerungsbestand.

So hielt iches für meine Pflicht, das noch Vorhandene zu sammeln und bearbeiten zu lassen, um es für die Zukunft zu retten im besonderen Interesse für die Eigner des Rittergutes Kospoda.

Wenn auch kein materieller, so doch ein geistiger, unveräußerlicher Besitz, der dazu beiträgt, die Scholle zu lieben und an ihr festzuhalten!

Die Geschichte eines alten Rittergutes ist aber auch die der Hufen, der Wälder, der Gebäude des Rittergutsortes. Sie wurde mit bearbeitet.

Herrn Ernst Paul Kretschmer, Stadtarchivar in Gera, dem auch in weiteren Kreisen wohlbekannten und gewissenhaften Heimatforscher, trug ich meine Bitte vor, die mir selbst gestellte Aufgabe zu bearbeiten.

Mit Freude und jugendlicher Frische ging er ans Werk. In über vier jahren langer, mit unendlicher Geduld ausgeübter Kleinarbeit bewältigte er das gesteckte Ziel. Er läßt die Vergangenheit beinahe plötzlich wieder vor die Augen treten. Sein großes Wissen in der Ostthüringer Geschichte und sein vorzügliches Gedächtnis unterstützten ihn dabei aufs beste.

Große Dankbarkeit erfüllt mich für Herrn Stadtarchivar Kretschmer. Alle Nachfahren aus Kospoda werden einer Arbeit Anerkennung zullen und des Verfassers Wertschätzung gedenken.

Jagdgut Ehrenschwang, im Septemer 1934
Dr. Georg Hirsch, Kommerzienrat in Gera.


Familie Hirsch, Gera-Kospoda